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Das erste Smartphone: «Mehr Offenheit, weniger bewerten»

Das Schuljahr 2023/2024 ist angelaufen. Damit wird die Frage «wann ist bei meinem Kind der richtige Zeitpunkt für das erste Smartphone» bei vielen Eltern unausweichlich zum Thema. Spätestens dann, wenn das Kind seinem Wunsch mit dem Satz «Alle meine Schulgspänli haben eins, nur ich nicht!» Gehör verschafft. Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein eigenes Handy? Über diese und weitere Fragen hat Sunrise mit Daniel Betschart, Programmverantwortlicher Medienkompetenz bei Pro Juventute gesprochen. 

Fabienne Rüetschi

2. Oktober 2023 . Lesedauer: 5 Min.

Wie die Ergebnisse der 2021 durchgeführten MIKE-Studie zeigen, startet dieser Prozess immer früher: Bereits Primarschüler sind mit einem eigenen Handy unterwegs. Bei den 6- bis 7-Jährigen, also zu Beginn der Primarschulzeit, besitzt rund ein Fünftel ein eigenes Handy. Gegen Ende der Primarschule, bei den 12- bis 13-Jährigen, sind es bereits 79 Prozent.

Das durchschnittliche Alter für das erste Handy liegt bei 9 Jahren und 4 Monaten.

So viel zu den Fakten. Aber wie sollen sich Familien entscheiden, wann für ihre Kinder der richtige Zeitpunkt für ein eigenes Handy gekommen ist? Über diese und weitere Fragen hat Sunrise mit Daniel Betschart, Programmverantwortlicher Medienkompetenz bei Pro Juventute und Vater von zwei Kindern gesprochen. 

Herr Betschart, 9.4 Jahre - das «richtige» Alter für das erste Smartphone?

Vorweg: Diese Zahl ist eher mit Vorsicht zu geniessen, denn ein eigenes Gerät bedeutet nicht für alle Familien das Gleiche. Es gibt Familien, die beispielsweise ein «Notfallhandy» für den Schulweg einsetzen oder ein «Familienhandy» haben, das Kinder mitnutzen können. Grundsätzlich schätze ich aber 9,4 Jahre für ein erstes eigenes Gerät mit allen Funktionen und selbständiger Nutzung als eher früh ein.

Gibt es ein «Wunschalter»?

Ganz grundsätzlich wünsche ich mir, dass Kinder möglichst lange, möglichst viele unterschiedliche Aktivitäten ausleben können und sich nicht zu früh, zu sehr an das Smartphone als möglichen «Langeweile-Überbrücker» gewöhnen. Vor allem auch, weil eine intensive Nutzung des Smartphones und anderen digitalen Medien einen Einfluss auf die neuronale Entwicklung haben kann. Eine Antwort im Sinne einer allgemeingültigen Zahl gibt es meiner Meinung nach also nicht. Zumal es auch auf die Reife und die Medienkompetenz des Kindes ankommt. Und die Medienkompetenz ist ein wichtiger Faktor. Wir leben in einer digitalisierten Gesellschaft und Kinder müssen schrittweise lernen, sich darin zu bewegen, also sich unterschiedliche Kompetenzen aneignen. Das können sie natürlich nur, wenn sie auch ein Übungsfeld dafür haben. Beim Übertritt in die Oberstufe mit 12, 13 Jahren sehe ich durchaus nützliche und wertvolle Einsatzmöglichkeiten und erachte es auch als sinnvoll, dass sich Jugendliche mit Hilfe des Smartphones mit ihrem Umfeld «connecten» und sich austauschen können. In diesem Alter machen Jugendliche reifere Überlegungen und lernen den Umgang mit dem Gerät bewusster. Aber: Egal in welchem Alter ein Kind das erste Smartphone bekommt, wichtig ist und bleibt die Begleitung durch die Eltern oder erziehungsberechtigte Person.

Kinder sollten sich nicht zu früh, zu sehr an das Smartphone als möglichen «Langeweile-Überbrücker» gewöhnen.

Kontrolle oder Vertrauen - wie eng soll die Begleitung durch die Eltern sein?

Ein offener Austausch mit dem Kind ist zentral. Digitale Medien nehmen viel Platz in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ein, dementsprechend sollten wir Eltern diesem Thema im Gespräch mit unsren Kindern ebenfalls viel Platz einräumen. Oft fragen wir: Was hast du heute mit deinen Freunden in der Schule erlebt? Wie wars im Sporttraining? Genauso können wir also fragen: Was hast du heute Online erlebt? Es ist wichtig, dass Eltern laufend Interesse zeigen an der digitalen Nutzung ihrer Kinder, das Gespräch suchen und im Austausch bleiben. Wertvoll ist auch das gemeinsam Erkunden und Erleben von einzelnen Funktionen oder Apps - also bewusst gemeinsame Medienmomente kreieren. Zusammen Filme schauen, Games spielen oder mithilfe eines YouTube Videos ein Rezept kochen. Spass inklusive. Wir sollten versuchen, die digitale Welt mit unseren Kindern mit Freude zu erleben, anstatt ständig den Mahnfinger zu erheben. Ab einem gewissen Alter macht es auch weniger Sinn eine zeitlich limitierte Bildschirmzeit pro Tag festzulegen, sondern es ist erfolgsversprechender, sich auf eine bildschirmfreie Zeit zu einigen. Bedeutet: Wir als Familie räumen uns beispielsweise während dem Essen oder während eines Ausflugs bewusst medienfreie Zeit ein und geniessen die Zeit miteinander - ohne Geräte. Auch die Eltern.

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Sunrise engagiert sich beim Jugendmedienschutz

Im Zeitalter von Smartphone, Social Media und Internet ist es nicht immer einfach, den Überblick zu bewahren. Heute verfügen Handys über viele Funktionen, die nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken für junge Menschen bergen. Sunrise engagiert sich aktiv im Rahmen einer Brancheninitiative zum Thema Jugendmedienschutz. Hier geht’s zum Flyer der Brancheninitiative.

Unter www.sunrise.ch/jugendschutz finden Sie weitere nützliche Infos zu den Themen «wichtige Verhaltenstipps», «Mehrwertdienste und Jugendschutzeinstellungen» oder «Sunrise TV und Jugendschutzeinstellungen».

Haben Sie Fragen zum Thema Jugendmedienschutz? Dann kontaktieren Sie uns: jugendschutz@sunrise.net

Apropos medienfreie Zeit. Wie hält man Kleinkinder, die etwa ein grösseres Geschwister haben, vom Handy fern?

Die Empfehlung der WHO ist, für Kleinkinder unter 2 Jahren möglichst keine Bildschirmzeit. Entsprechend sollten Medienaktivitäten so gewählt werden, dass ältere Kinder ohne die jüngsten Geschwister Medien nutzen können. Ab einem gewissen Alter wird das natürlich eine Herausforderung. Dann kommen wieder die gemeinsamen Medienerlebnisse zum Zug: orientiert an den jüngsten Kindern. Auch bei jüngeren Kindern gilt: begleiten und gezielt einsetzen - sei es beim gemeinsamen Videos Schauen, Hörbücher Abspielen oder Recherchieren über ein Tier. Die selbstständige Nutzung schätze ich bei Kleinkindern jedoch als kritisch ein, weil die Geräte mehr Möglichkeiten bieten, als das Kind in diesem Alter versteht oder braucht. Wenn es darum geht auf dem Weg zum Sport für die Eltern erreichbar zu sein, kann beispielsweise ein älteres Telefon umfunktioniert werden. Oder auf ein spezielles Smartphones für Kinder zurückgegriffen werden, dessen Funktionen von den Eltern über eine App verwaltet werden können. (Mehr Infos dazu in der Box).

Auch bei jüngeren Kindern gilt: begleiten und gezielt einsetzen - sei es beim gemeinsamen Videos Schauen, Hörbücher Abspielen oder Recherchieren über ein Tier.

Laut der James-Studie 2022, die sich mit der Mediennutzung von Jugendlichen in der Schweiz befasst, geben mit 65% deutlich mehr als die Hälfte der Jugendlichen an, schon einmal brutale Videos auf dem Handy oder Computer angeschaut zu haben. Welche Gefahren lauern im Netz und wie sensibilisieren wir unsere Kinder dafür?

Es ist richtig dass unterschiedliche Gefahren im Internet lauern. Wie in der analogen Welt übrigens auch. Je älter die Kinder werden, desto selbständiger sind sie online unterwegs. Umso wichtiger ist es, dass Themen wie Cybermobbing, Cybergrooming (wenn man von einer fremden Person online mit unerwünschten sexuellen Absichten angesprochen wird) oder Sexting (der Versand von selbst produzierten erotischen oder aufreizenden Videos/Fotos) frühzeitig und altersgerecht besprochen werden. Hier unterstützt Pro Juventute mit Workshops an den Schulen (3.-8. Klasse) oder für Eltern. Wichtig ist, dass Kinder wissen, dass sie sich jederzeit an ihre Eltern oder erwachsene Vertrauensperson wenden können und ihnen geholfen wird, wenn sie etwas erleben.

Kinder und Handys - haben Sie noch eine abschliessende, zentrale Botschaft an die Eltern?

Mehr Offenheit, weniger Bewerten. Wenn Eltern ein ungutes Gefühl haben bei der Handynutzung ihres Kindes, sollten sie nicht zu früh die falschen Schlüsse ziehen. Eine dauerhaft negative Bewertung der Handynutzung ihres Kindes kann dazu führen, dass sich das Kind zurückzieht - auch mit ihren Sorgen und Ängsten, die sie in der digitalen Welt erfahren. Deshalb sind Offenheit, Interesse zeigen und ein stetiger Austausch fundamental wichtig.

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Blabloo - das Smartphone für Kinder

Sunrise bietet mit Blabloo ein Kinder-Smartphone, das Kindern und Jugendlichen den sicheren Einstieg in die digitale Kommunikation ermöglicht. Eltern können via App alle Funktionen und Apps des Blabloo Smartphones altersgerecht anpassen. Und Dank GPS-Funktion sehen sie, wo sich ihr Kind aufhält und in Notsituationen erreichen Kinder ihre Eltern per SOS-Knopf. 

 

Weitere nützliche Links: 

Checkliste von Pro Juventute: Diese Fragen sollten sich Eltern vor dem ersten Smartphone stellen

Jugendmedienschutz (asut.ch) 

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