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Nach dem Sirenentest trudeln die Mails ein

In der Schweiz stehen rund 5000 Sirenen, welche die Bevölkerung im Katastrophenfall warnen. Davon stammen 3200 Sirenen von der Firma Kockum Sonics AG. Wir haben dort am Sirenentesttag angeklopft und erfahren, was nach dem Probealarm passiert und warum er vielleicht bald nicht mehr nötig ist.

Evelyne Owa

8. Februar 2023 . Lesedauer: 4 Min.

Von aussen deutet nichts darauf hin, dass hier einige der Protagonisten des Schweizer Bevölkerungsschutzes arbeiten. Das graue Flachdachgebäude in einem Dübendorfer Wohnquartier ist unscheinbar. Rechts neben der Tür sind zwei kleine Schilder mit Firmennamen angebracht. Einer davon: Kockum Sonics. Pascal Loretz und Nina Delnon begrüssen uns mit festem Händedruck und einem herzlichen Lächeln. Er: Geschäftsführer. Sie: Projektleiterin. Es ist Mittwochmittag, kurz vor dem alljährlichen schweizweiten Sirenentest.

Kockum Sonics CEO Pascal Loretz entwickelt neben Alarmsystemen für den Bevölkerungsschutz verschiedene IoT-Lösungen für die herstellende Industrie.

Hochbetrieb bei den Sirenenexperten

Beim KMU mit seinen 10 Mitarbeitenden dreht sich wie jedes Jahr um diese Zeit alles um die 3200 stationären Sirenen, welche es im Auftrag der Kantone und Gemeinden produziert hat und für deren Wartung es nun zuständig ist. Die Sirenen kommen in der Schweiz dann zum Einsatz, wenn grosse Teile der Bevölkerung bedroht und schnellstmöglich gewarnt werden müssen – etwa bei Naturkatastrophen oder einer atomaren Bedrohung.

Eine feste Instanz: Der Schweizer Sirenentest findet jedes Jahr am ersten Mittwoch im Februar statt.

Vor, während und nach dem Probealarm melden sich unzählige Mitarbeitende von Kantonen, Gemeinden und Zivilschutzorganisationen bei Kockum Sonics. Sie haben technische Anliegen, möchten Sirenentestschulungen für ihr Einsatzpersonal organisieren oder benötigen Schallmessungen, wenn sie vermuten, dass wegen Neubauten nicht mehr das ganze Gebiet abgedeckt wird.

Sonderwünsche und Störungsmeldungen

Pascal Loretz führt uns zur Sirene, welche sich im Testlabor der Kockum Sonics AG befindet. Die rund drei Meter hohe Konstruktion besteht aus trapezförmigen, grauen Metallguss-Elementen. Die meisten Kockum Sonics-Sirenen für den Bevölkerungsschutz sähen so aus, erklärt Pascal Loretz. Doch es gibt auch Ausnahmen. «Fürs Rolex-Gebäude in Genf mussten wir eine goldige Sirene liefern», sagt der Chef und lacht. Neben der ausgestellten Sirene hängt der Steuerungskasten an der Wand. Hier befindet sich der Knopf fürs manuelle Auslösen des Alarms. «Die stationären Sirenen lassen sich auch ferngesteuert einstellen», erzählt Loretz.

Im Testlabor von Kockum Sonics wird bereits alles digital vernetzt und ferngesteuert. Firmenchef Loretz verfolgt die Vision, künftig sämtliche Sirenen für den Bevölkerungsschutz mit IoT zu vernetzen.

Von draussen erklingen die ersten Sirenenklänge. Zuerst leise, dann immer lauter, dann wieder leiser, auf- und absteigend. Die Dübendorfer Sirenen scheinen einwandfrei zu funktionieren. Das ist nicht überall der Fall. Nina Delnon erzählt: «Nach dem Probealarm treffen bei uns die Störungs- und Mängelmitteilungen ein. Letztes Jahr waren es um die 100.» Manchmal kämen die Meldungen noch am selben Tag, manchmal erst nach ein paar Wochen. Danach kommt das Technik-Team der Kockum Sonics AG zum Einsatz, um die Probleme schnellstmöglich vor Ort zu beheben. Das bedeutet viel Reiseaufwand und gute Planung - manchmal, ohne zu wissen was genau zu beheben sei.

Smarte Sirenen, die vor Tsunamis warnen

Ohne jährlichen Testalarm werden die Sirenen in der italienischen Region Neapel auskommen. Ab Juni 2023 stehen zwei Kockum Sonics-Sirenenanlagen als Tsunami-Alarmsystem mit Fernauslösung und IoT-Kommunikation bereit, später werden sie auch vor bevorstehenden Vulkanausbrüchen des Vesuvs warnen können. Bei den in Italien eingesetzten Sirenen, die in Schweden zusammengebaut werden und teilweise aus Schweizer Komponenten bestehen, handelt es sich um intelligent vernetzte Sirenen. Dank dem Internet of Things (IoT) werden die Sirenen zu smarten Produkten: Sie kommunizieren künftig mit Messsystemen, welche die seismischen Aktivitäten aufzeichnen. Droht unmittelbare Gefahr durch einen Tsunami, wird die Information ohne Zeitverzögerung an die Sirenen geschickt, welche automatisch einen Alarm starten.

Team-Work führt zum Erfolg

«Das ist unser erstes IoT-Projekt mit Sunrise als Partnerin», erzählt Pascal Loretz. Denn um die Kommunikation zwischen den Geräten und Messsystemen zu ermöglichen, müssen diese ans Internet angeschlossen werden. Dies geschieht mittels Daten SIM-Karten, welche in die Sirenen eingebaut werden, sowie einer IoT-Management-Plattform zur Verwaltung der SIM-Karten. Beides stammt von Sunrise. Wie so oft bei IoT-Projekten arbeiten auch hier verschiedene Partner aus dem IoT-Ökosystem zusammen. Mit dabei im Projekt-Team: die Informatiker von Celphone, die für die Vernetzung der Sirenen sorgen, sowie die Spezialisten von Swissphone, welche die Alarm-Plattform beisteuern.

Ein Tüftler-Arbeitsplatz wie aus dem Bilderbuch: Hier entwickeln die Techniker von Kockum Sonics gemeinsam mit ihren IoT-Projektpartnern ihre Lösungen weiter.

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Soll auch dein Business mit IoT durchstarten?

Mit den IoT Starter Services ist der Einstieg ins Internet der Dinge sowohl für sogenannte «Retro-fit-Projekte» - wie jene von Kockum Sonics - als auch für neuentwickelte IoT-Geräte kinderleicht: Geschäftskunden können zwischen sechs vorkonfigurierten Varianten wählen und einfach per Webshop bestellen, um nur wenige Tage später mit ihren Prototypen oder Klein-Chargen zu starten.

«Das Tsunami-Projekt mit Kockum Sonics ist typisch für ein IoT-Projekt», weiss Experte Patrik Jud, der bei Sunrise Geschäftskunden in Sachen Internet der Dinge berät. «IoT ist ein Zusammenspiel von Auftraggeber und Spezialisten aus unterschiedlichen Disziplinen. Sunrise ist oftmals das Bindeglied in diesem IoT-Ökosystem und bringt alle Partner an einem Tisch zusammen.». Dank unkompliziertem Daten-Roaming steht auch der Zusammenarbeit mit Partnern aus dem europäischen Ausland nichts im Weg.

«Im Sinne des Bevölkerungsschutzes wären IoT-Sirenen wünschenswert»
Pascal Loretz, CEO Kockum Sonics

Permanente Kontrolle anstatt nur einmal im Jahr

Wie steht es in der Schweiz bezüglich smarten Sirenen? Würde IoT auch hier Sinn machen? «Im Sinne des Bevölkerungsschutzes wären IoT-Sirenen wünschenswert», findet Pascal Loretz. «So wüsste man nicht nur einmal im Jahr, am Testtag, ob die Sirenen funktionieren, sondern ständig.» Und Patrik Jud ergänzt: «Ein Aufrüsten der alten Sirenen wäre problemlos möglich.» Dank IoT würden Störungen laufend übermittelt, analysiert und behoben. Je nach dem wäre eine Behebung direkt über einen Fernzugriff möglich. Und dank der permanenten Datensammlung aller Sirenen könnten Störungen vorausschauend behoben oder gar vermieden werden, was zu Kosteneinsparungen führt - Stichwort «Predictive Maintenance». Bezüglich Kosten zeigt sich Nina Delnon erfreut: «Unser erstes IoT-Projekt hat uns gezeigt, dass smarte Lösungen günstiger sind als wir dachten. Wir waren positiv überrascht.»

Die digitale Kontroll-Einheit der Sirenen ist bereits IoT-ready und ermöglicht die Fernwartung von tausenden Anlagen, flächendeckende Software-Upgrades oder die Überwachung in Echtzeit.

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